Alles Schweine (und was man damit macht)

Nein, es geht nicht um Politik. Oder höchstens so gaaaaaanz mimi-minimal am Rande.

(Das sollte „mini-minimal“ heißen, aber da ich heute jammern werde, lasse ich das so stehen.)

CN sexuelle Übergriffigkeit, generelles Arschlochverhalten

Grundsatzfrage: Wie gehen wir damit um, wenn eine eigentlich beliebte Person des öffentlichen Lebens plötzlich als absolutes Arschloch dasteht? Bei JKR bin ich nicht persönlich betroffen und kann sie ganz entspannt aus meinem persönlichen Leben verbannen. Kein großes Ding! Und während ich in den letzten Jahren beobachtet habe, wie sie sich immer weiter in die transphobe Ecke manövriert , habe ich parallel überlegt: Wie redest du, wenn es jemanden trifft, den du verehrst? Hier kannst du von deinem hohen Ross aus ja gut predigen, und die Aussicht ist auch schön sonnig.

Tja, jetzt haben wir unsere Antwort. Noch vor wenigen Jahren habe ich ihn in einem Vortrag als Beispiel für positives Verhalten bei öffentlichen Fehltritten verwendet, jetzt sieht das etwas anders aus: Offenbar ist Neil Gaiman ein Arschloch. Und wer mich kennt, kann bestätigen: Ich war ein absolutes Fangirl. Aber nicht länger. Die Bücher wandern auf das hinterste, finsterte Regalbrett. Das Autogramm kommt von der Wand. Die Serien gucke ich mich nicht mehr an. Denn ich bin es leid, leid, leid, Arschlöchern Geld und Aufmerksamkeit hinterherzuwerfen.

Es ist ja eine Sache, wenn man nicht in allen Dingen einer Meinung ist. Ich finde es nicht schlimm, wenn Künstler*innen, die ich gern rezipiere, andere Ansichten zu den meisten Themen haben – solange es nicht ins Menschenfeindliche abgleitet. Als Menschen sind wir nicht so zerbrechlich, dass wir am kleinsten Widerspruch kaputtgehen. Und es ist auch gar nicht möglich, immer ein perfekt guter, weiß strahlender, sauberer Überheld zu sein. Vor allem nicht, wenn man in der Realität existieren muss. Aber bei solchen Übergriffen ziehe ich eine Grenze. Nicht, dass meine winzigen finanziellen Beiträge oder deren Ausbleiben einen Unterschied machen. (Außer für mein Gewissen.)

An der Stelle zwei Dinge:

1. Ja, ich kenne die Idee „Unschuldig, bis das Gegenteil bewiesen ist“ – gilt aber in erster Linie in juristischem Kontext. Ich glaube den Opfern. Und mal im Ernst – wenn ich Leute NDAs unterschreiben lasse, dann ist mir doch klar, dass ich andernfalls schlecht wegkomme bei der Sache.

2. „Trennung von Kunst und Künstler“ liest sich so heroisch. „Hach, ich bin ja kein emotionales Wesen, sondern ein intellektuell getriebener Rezipient von Kunst!“ Bullshit. Also, kannste machen, ist aber nicht beeindruckend. Ausnahmen mache ich manchmal für tote Künstler*innen, die nicht mehr davon profitieren, dass Leute ihr persönliches Vergnügen an ihren Werken über das Leiden der Betroffenen stellen. Aber nicht einmal das muss man. Es gibt hunderte Künstler*innen, über deren finsterste Verfehlungen und Perversionen wir noch nichts wissen. Konsumiere ich doch lieber die.

Und bis jetzt tut es mir nicht leid. Es gibt so viele gute Autor*innen da draußen, die entweder keine kompletten Sackgesichter sind oder bei denen es noch nicht öffentlich bekannt ist. An die halte ich mich. Und ehe jemand fragt – nein, ich möchte auch nicht von meiner Kunst getrennt werden. Lies bitte alle meinen Geschichten in dem Wissen, dass dahinter eine schlechtgelaunte, ungeduldige, manchmal garstige alte Hippiehexe mit Temperamentsschwankungen und Laktoseintoleranz steckt. Ich bemühe mich, ein anständiger Mensch zu sein, versage dabei immer mal wieder und mache es hoffentlich besser, wenn ich es besser weiß. Keine Versprechungen.

(Disclaimer: Der Mann hat kein NDA unterschrieben. Der könnte euch Dinge erzählen! Einmal hab ich ihn im Schlaf geboxt. Und die Katzen verhungern mehrmals täglich. Catnesty International ist schon informiert.)


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