Ich bin eine schlechte Hexe.
Nicht, weil ich die Mond- und Jahresfeste ignoriere, nein! Damit kann ich leben, das meiste ist eh alles vor hundert oder so Jahren ausgedacht. Auch der Mangel an Warzen im Gesicht bereitet mir noch kein Kopfzerbrechen.
Was ist meine unverzeihliche Sünde?
Ich wünsche mir eine Krippe.
Weihnachten ist eigentlich nicht so mein Ding. Ich hab Halloween, der Mann hat den Xmas-Lichterpuff. Und das ist auch gut so. Er ist nicht besonders religiös, also machen wir einfach alles bunt und glitzerig. Und die meiste Weihnachtsdeko ist ja auch folkloristisch oder – siehe Engel – so hart folkloristisch vereinnahmt, dass es eigentlich keinen Unterschied mehr macht. Viele Weihnachtsbräuche haben angeblich auch heidnische Wurzeln oder lassen sich wunderbar hexisch aufbereiten, wenn man das möchte.
Aber eine Krippe?
DIE Szene aus dem Neuen Testament, die wirklich jeder kennt, dem mal eine Bibel in die Hand gedrückt wurde? Die einzige Kirchendeko, die die meisten deutschen Familien jährlich zu sehen bekommen? Inbegriff jedes zweiten mittelprächtigen Kinder-Weihnachtstheaters?
Ja, genau die.
Als ich klein war, hatten wir eine sehr kitschige und nicht sehr teure Krippe aus Holz. Also, der Stall war aus Holz, und das Moos haben wir selbst ersetzt, wie es nötig wurde. Die Figuren waren bunt bemalt und aus Gummi. Die stand jedes Jahr an einem prominenten Ort und wurde passend zum Datum umgestaltet – das Christkind kam natürlich erst an Heiligabend in die Futterkrippe (nachdem das Original verloren war, wurde es durch einen LegoDuplo-Futtertrog ersetzt), die Heiligen Drei Könige näherten sich dem Stall von Anfang Dezember bis zum sechsten Januar, manchmal durchs ganze Wohnzimmer reisend. Der Engel tauchte zuerst bei den Hirten auf.
Und ehe mich jemand falsch versteht – meine Familie ist nie besonders religiös gewesen. Aber die Krippe und unser Krippen-Spiel gehörten einfach zur Weihnachtszeit dazu. Wir durften uns da auch kreativ austoben – beispielsweise kamen Holzpuzzle-Tiere und ein amerikanischer Ureinwohner aus rotem Plastik zum Zug, oder selbstgebastelte Wochenbett-Besucher aus Papier und Tesafilm. Ich stelle mir vor, für die jungen Eltern (und Josef) war das eher stressig, doch wir hatten eine Menge Spaß.
Wahrscheinlich ist die Krippe deswegen für mich so positiv besetzt. Es hält mich auch kein Gesetz der Welt (und nur zum Teil mein Geldbeutel) davon ab, einfach loszuziehen und eine Krippe zu besorgen, die mir gefällt. Nicht einmal der Mann wäre ein Hindernis, der fände das wahrscheinlich hinreißend – und die Katzen erst!
Was mich zurückhält, ist mein eigener Kopf. Der sucht nach einem Weg, eine Krippe hexisch aufzubereiten, so dass sie meinen aktuellen Bedürfnissen genügt. Die Geschichte von der wiedergeborenen Sonne zur Wintersonnenwende ist nahe genug an der regulären Krippengeschichte dran, dass man da etwas basteln könnte. Aber wie gestalte ich den Rest? Wer kommt zu Besuch?
Ich weiß es einfach nicht. Also bleibe ich vorerst krippenlos und mit dem dumpfen Gefühl, dass ich tief in mir drin möglicherweise eine schlechte gute Hexe bin.
Wie stehst du zur Krippe? Kennst du vielleicht sogar schöne heidnische oder moderne Varianten? Ich bin für Inspiration offen!




