Oder auch: Ich kann in die Zukunft sehen.
Denn ich sage voraus, dass es in zwei Wochen in der lokalen Tageszeitung einen Artikel über die garstigen bösen Parkhausbetreiber geben wird, die die armen Autofahrer*innen abzocken.
Lass mich ausholen. Unter dem großen Supermarkt, in dem wir den Großteil unserer Wocheneinkäufe tätigen, gibt es ein kostenpflichtiges Parkhaus. Bis gerade eben lief das auf die vertraute Weise: Man fährt an die Schranke, zieht ein Ticket, die Schranke geht auf und man sucht sich einen Parkplatz. Vor der Ausfahrt zahlt man am Kassenautomaten, schiebt das bezahlte Ticket an der Ausfahrschranke in den Schlitz und die Schranke hebt sich, damit man ausfahren kann. Alles ganz easy, gell?
Jetzt sind die Schranken in die Jahre gekommen und wartungsintensiv. Also stellen sie aktuell auf schrankenlosen bezahlten Parkbetrieb um. Überall hängen Schilder, die das erklären, teilweise mit wild leuchtenden Reflektorstreifen. Das läuft also so: Du fährst ein und dein Kennzeichen wird gescannt. Du parkst irgendwo, machst dein Ding, kommst zurück und gibst dann am Automaten dein Kennzeichen ein. Dann sagt der dir, wie lange du geparkt hast und was du zahlen sollst. Du zahlst, gehst zum Auto und fährst. Keine einzige Schranke ist an dem Vorgang beteiligt.
Und da beginnen die Probleme.
Ich war ja gestern einkaufen, mit dem Auto, nach der Arbeit. Und am Automaten wartete eine lange Schlange. Die wurde immer länger, denn: Oh Wunder! Die meisten Leute kennen offenbar ihr Kennzeichen nicht? Und anstatt eben zum Auto zu laufen und nachzugucken, wie das denn lautet, haben wirklich viele Leute einfach wahllos Buchstaben- und Nummernfolgen eingegeben. Irgendwas muss doch stimmen! Das dauert natürlich.
Ist aber auch nicht schlimm, so eine Umgewöhnungsphase gibt es ja immer.
Dann war da aber der Typ, der zum Kassenautomaten kam und rief: „Warum bezahlt ihr denn? Die Schranken sind doch offen! Ich hab bei der Einfahrt nicht einmal ein Ticket bekommen!“
Ich, hilfreich: „Das ist das neue System, das ist schrankenlos, aber bezahlen muss man trotzdem.“
Er guckt mich an, als sei ich ein wenig dumm. „Aber ich hab gar kein Ticket gekriegt! Ich fahr jetzt.“
Kann er machen, ich hab ihn ziehen lassen. Allerdings wird er sich in ein paar Tagen wundern, denn er wird Post bekommen – über die nicht gezahlten Parkgebühren und eine Strafe von 45 Euro. Das steht nämlich auch auf den Schildern, die überall ausgehängt sind. Und weil unsere Tageszeitung ganz dicht am Puls des Bürgers ist, wird es dann wenigstens einen Artikel über diese neue „Abzocke“ geben.
Ich bin gespannt, wie lange die Umgewöhnung dauert. Und ja, ich fände es persönlich besser, wenn es bei der Ausfahrt wenigstens noch eine automatische Schranke gäbe, die sich öffnet, wenn das Kennzeichen gescannt wird und der Systemabgleich bestätigt, dass die Parkgebühr gezahlt ist. Ich bin nämlich so verpeilt, dass ich das auch mal vergessen könnte.
Ah well, schöne neue Welt und so.
